Offenbar hatte ich den schillernden Charakter des rätselhaften Bildes völlig unterschätzt. Das wird mir am nächsten Morgen klar, als ich nach meinem Stummfilmalbtraum, in den das Bild mich hineingehetzt hatte, in der Küche sitze und mich trotz ausgiebigen Duschens wie gerädert fühle. Noch ganz dusselig im Kopf trinke ich gegen meine Gewohnheit den Kaffee schwarz und versuche meine Gedanken wieder auf die Reihe zu kriegen.
Wir sind krumm und schief in die Welt gestellt.
Immanuel Kant
Hat der Mensch noch eine Chance, die von ihm angezettelte Klimakatastrophe abzuwenden, um sein Überleben auf dem Erdplaneten dauerhaft zu sichern, oder wird er scheitern – das ist gegenwärtig die alles entscheidende Frage?
Vom Tagesgeschehen etwas abgekämpft sitze ich spätabends vor der Glotze und schaue mir die Tagesthemen im Ersten an, die Ingo Zamperoni moderiert.
Der hat mir zunächst wenig Überraschendes mitzuteilen: So sei die Gasumlage, die Energieriesen vor der Insolvenz bewahren und den Steuerzahler deswegen zur Kasse bitten sollte, wohl endgültig vom Tisch, sagt der Moderator, wobei mich das Wörtchen wohl zusammenzucken lässt.
Ob es nun darum geht, Tomatensuppe oder Kartoffelbrei auf ein wertvolles Gemälde von Claude Monet zu schütten, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen, oder darum, als Abgeordneter im Britischen Parlament zu sitzen und sich von der humanoiden Roboterdame Ai-Da eine Lektion erteilen zu lassen, indem diese ihm freimütig erklärt, dass sie zwar nicht lebe, aber dennoch Kunst erschaffen könne, oder aber darum, einem Mannequin anlässlich irgendeiner Modenschau der Haute Couture ...
Gerade sitze ich vorm Radio und höre Beethovens 5. Symphonie: Ich bin völlig verwirrt, denn nichts an dieser kommt mir mehr bekannt vor, geschweige denn, vertraut. Dabei habe ich mich mein Leben lang immer wieder mit Beethoven beschäftigt – am Klavier viele seiner Sonaten geübt und gespielt, aber auch die Partituren seiner Symphonien und seine ans Mirakulöse grenzenden Streichquartette studiert.
Völlig übernächtigt und entkräftet liege ich endlich im Bett und versuche einzuschlafen. Doch es will mir nicht gelingen. Meine Verwirrung, dass das verfluchte Bild jetzt auf einmal eine Fotografie sein soll, wo dieses für mich doch weiterhin ein Aquarell ist, weil es sich dergestalt in meinem Kopf eingebrannt hat, ebbt einfach nicht ab. Zudem aber haben sich meine zähflüssig um sich selbst kreisenden Gedanken nun auch meines Körpers bemächtigt, der sich unter deren widerlich bleiernen Last hochnervös und ungelenk im Bett hin ...