GESELLSCHAFT / 4

9. Juni 2015

In diesem Sommer wird die Revolution ausbrechen.

Unweigerlich und weltweit. Ohne irgendwelche Vorzeichen wie aus heiterem Himmel. Die Menschenmassen werden auf die Straßen stürmen und die Mächtigen erzittern lassen, soviel ist sicher. Kein Staat der Erde wird sich dagegen zur Wehr setzen können. Es sei denn, er zensiert das Netz.

Die Revolution wird nämlich im Internet stattfinden – als Computerspiel. Das scheint nur konsequent, haben sich Revolutionen in der Geschichte doch nicht selten als sinnlos erwiesen – wenigstens im Nachhinein. Die Frühlingsrevolution der nordafrikanischen Staaten zum Beispiel. Also verlegt man die Revolution nun ins Netz so als hätte sie dort eine Chance.

RIOT. CIVIL UNREST – die italienischen Macher des Spiels haben von den Ereignissen auf dem Tahrir-Platz in Kairo gelernt und sogar „einige Aufstände aus erster Hand miterlebt“, wie sie dreist behaupten. Und jetzt meinen sie „etwas tun zu müssen, um all diese Erfahrungen auch für andere irgendwie greifbar zu machen.“

Also Vorsicht vor den Usern, die an dem Spiel Gefallen finden werden. Oder vor den Schläfern, die durch diesen Spuk aufgeweckt, umgehend zuschlagen werden. Schließlich sind Computerspiele gefährlich, weil sie Reales und Virtuelles in den Köpfen durcheinanderwirbeln.

Die Sorge aber scheint unbegründet, denn RIOT zeigt die Dinge aus einer übergeordneten Perspektive, so wird versichert: spielt man doch mit den aufrührerischen Massen ebenso wie mit der für die Sicherheit zuständigen Polizei. Wer Partei ergreift, wie sonst bei einer Revolution, hat schon verloren bevor er richtig angefangen hat. Wer sich jedoch aus allem heraushält und den Überblick behält, hat wirklich eine Chance. Zudem kann man sich so auch einmal in die Köpfe der Politiker hineinversetzen, die naturgemäß ein ganz anderes Bild von der Sache haben als der Mann auf der Straße. Also, Revolutionär und Polizei gleichzeitig in einer Person, wenn das mal keine echte Herausforderung fürs Multitasking ist.

Der Spieler muss die Menschenmenge Steine oder Molotowcocktails werfen oder Barrikaden errichten lassen. Oder – wenn er denn waghalsig genug ist – sie ordentlich anheizen und gleich nach vorn in den Tumult schicken, wo er sie - je nach Wunsch, mit oder ohne Gewalt – ganze Stadtteile besetzen lassen kann, was, wenn’s denn klappt, schon mal richtig Punkte bringt. Wer aber die Sicherheitskräfte vergisst, hat keine Chance. Er hat von Anfang an verloren und kann einpacken.

„Die Polizeikräfte können taktisch vorgehen, sie lassen sich kleinteilig navigieren und können spezifische Gegenmaßnahmen ausführen“, erklärt der Kommentar und beruhigt. Prügelattacken, Wasserwerfer, Rauchgranaten und scharfe Munition, das alles steht im Angebot. Nur Panzer fehlen. Das aber lässt sich ja noch korrigieren.

„Korruption, Verbrechen und Macht haben eine ganze Generation unterdrückt“, heißt es im Trailer von RIOT. „Nach einem langen Kampf haben viele ihre Träume begraben, andere kämpfen weiter für eine neue Zukunft und können sich der Revolution anschließen.“

Bacio della buona notte!