GESELLSCHAFT / 18
THANATOS – Die ultimative Verschwörungstheorie

5. März 2020

Vor einigen Tagen hat Chinas Internetkontrollbehörde Cyberspace Administration das strategische Videospiel PLAGUE INC. kurzerhand aus dem landeseigenen Netz gelöscht: Das Spiel transportiere „illegale Inhalte“ teilte die Kontrollbehörde sibyllinisch mit. Und dennoch ist diese zunächst autoritär erscheinende Maßnahme durchaus nachvollziehbar, denn angesichts von COVID-19, das nicht nur China, sondern praktisch die gesamte Welt lahmzulegen droht, tritt der ganze Irrsinn dieses Computerspiels mit einem Mal brutal zutage.

Kannst du die Welt infizieren?

Genau dies ist die ungeheuerliche Frage, mit der PLAGUE INC. die Gamer der Welt zu umwerben sucht, wobei dieser Slogan so lapidar und dummdreist daherkommt, als wäre es ein Klacks, mal so eben die gesamte Weltbevölkerung zu durchseuchen. Doch der Gamer kann aufatmen, denn das Simulationsspiel lässt ihn bei dieser gigantischen Aufgabe wahrlich nicht allein und stellt ihm zu diesem Behuf jede Menge hochinfektiöser Bakterien und Viren zur Verfügung, die ihm dabei helfen sollen, sein Ziel auch wirklich zu erreichen.

Aber damit nicht genug. Denn bei PLAGUE INC. geht es in Wahrheit gar nicht nur darum, möglichst alle Menschen auf der Welt mit hochgefährlichen Erregern zu infizieren, sondern diese darüber hinaus mithilfe dieser Erreger auch in Gänze zu vernichten – die gesamte Weltbevölkerung also. Nur das zählt!

PLAGUE INC. wurde von der britischen Entwicklerfirma Ndemic Creations bereits 2012 auf den Internetmarkt gebracht, die ihr Produkt selbst „erschreckend realistisch“ nennt, was in der Tat auch der Fall ist. Noch erschreckender ist jedoch die Masse der 130 Millionen Gamer rund um den Globus, die mittlerweile auf dieses Spiel offenbar voll abfahren. Wobei der ganze Irrsinn in der makabren Tatsache gipfelt, dass die Downloadzahlen von PLAGUE INC. mit dem Ausbruch von realen Virusseuchen jeweils drastisch zunehmen, so wie es in der Vergangenheit bereits beim Ausbruch von Ebola oder dem Sars-Virus der Fall gewesen war. Und jetzt eben wieder bei Covid-19.

Dass sich der Gamer am Ende allein auf der Erde wiederfinden wird, wenn er denn gewinnen sollte, verschweigt Ndemic Creations allerdings, setzt die Firma doch ganz offensichtlich auf hochpathologische Charaktere, die sich am unsäglichen Infektionsmassaker rasch berauschen, und sich angesichts all der Milliarden von ihnen Getöteter bald in ihren infantilen Allmachtsfantasien verlieren wie in einem scheinbar ewigen Orgasmus.

Aber schon gleich zu Anfang wird der Gamer von Ndemic Creations mächtig aufgeheizt, weil dieser für seine globalen Infektionsattacken zunächst zwischen verschiedenen Schwierigkeitsstufen wählen darf, die von Einfach oder Normal bis hin zu Brutal oder Mega-Brutal reichen, sollten Gamer gleich richtig zur Sache kommen, und sich ein derart bestialisches Vorgehen nicht erst fürs Finale aufheben wollen, wenn es dann ja nur noch darum geht, noch schnell die letzten paar Millionen zu infizieren und abzumurksen, und sich diese dann schon als Herrscher aller Reußen fühlen, weil sie bereits zu Beginn mit Mega-Brutal instinktiv aufs richtige Pferd gesetzt hatten.

Zunächst nur schnöde Bakterien

Und dennoch muss jeder Gamer – ob er nun will oder nicht – zunächst mit ein paar mehr oder weniger gefährlichen Bakterien Vorlieb nehmen. Nicht zuletzt auch deshalb, um sich zunächst wenigstens einigermaßen mit den Grundregeln der Seuchenlehre vertraut machen zu können, damit er bei seinen künftigen Infektionsmassenmordaktionen nicht allzu dilettantisch vorgeht und das angestrebte Ziel schon im Ansatz verfehlt.

Und erst dann, wenn der Gamer es wirklich geschafft haben sollte, mithilfe dieser eher harmloseren Mikroben schon einmal ein paar Millionen Menschen beiseite geschafft zu haben, darf er nun auch auf das überaus reich ausgestattete Sortiment tödlicher Erreger zurückgreifen, und sich Viren oder Parasiten seiner Wahl freischalten, um im Weiteren womöglich mit veritablen Epidemien zu reüssieren, die binnen kurzem ganze Länder leerfegen.

Wer aber glaubt, das ganze bakterielle und virale Gemetzel sei ein Kinderspiel, der täuscht sich gewaltig. Denn in der Welt von PLAGUE INC. geht es zu wie in der Realität: So entspricht dessen Weltkarte auch exakt den real existierenden Staaten der Erde, die sich demzufolge hinsichtlich ihrer Wirtschaftskraft, Niederschlagsmenge, Temperatur und Bevölkerungsdichte gehörig voneinander unterscheiden. Dabei spielt es natürlich auch eine gewichtige Rolle, wie es diese mit der Hygiene in ihrem Land und der ärztlichen Versorgung ihrer Bevölkerung halten und vor allem, wie sie mit ihren Infizierten und Erkrankten umzugehen wissen (= Good Governance). Demzufolge sind ärmere Staaten selbstredend wesentlich schlechter aufgestellt, als wohlhabende oder gar reiche Nationen – wie gesagt, in PLAGUE INC. geht es zu wie in der Wirklichkeit.

Doch wie bei jeder realen Epidemie, die sich über den gesamten Globus ausbreiten und schließlich zu einer waschechten Pandemie auswachsen soll, muss der Gamer zunächst einmal einen einzigen Menschen mit einem von ihm selbst ausgewählten Erreger infizieren (= Patient 0). Wie sonst sollte dieser Erreger überhaupt in die Welt kommen und sich in der Folge über die gesamte Erde ausbreiten können?

Und dafür stehen dem Gamer jetzt auch eine Menge Möglichkeiten und Strategien zur Verfügung: So kann dieser nun beispielsweise dafür sorgen, dass möglichst viele der von ihm Infizierten – natürlich noch absolut symptomfrei und klinisch völlig unauffällig – das Flugzeug oder das Schiff nehmen, um sich fortzubewegen, so dass diese Unschuldigen dann selbst für die globale Verbreitung des Erregers sorgen und dem hinterhältigen Gamer unwissentlich dabei helfen, bei seinen massenmörderischen Aktionen einen gewaltigen Schritt weiter voranzukommen.

Darüber hinaus kann dieser nun auch beim globalen Schiffsverkehr noch einen Zahn drauflegen, wenn er denn will, und kurzerhand alle Containerwaren mit x-beliebigen Mikroben kontaminieren, die sich, im vermeintlich harmlosen Transportgut perfekt tarnend, in der Folge dann in Unzahl über den Erdball verteilen, um so auch mal eben von einer ganz anderen Seite anzugreifen.

Doch damit nicht genug: Denn mit jedem Teilerfolg unzähliger Infizierter und Getöteter erhält der Gamer als Anerkennung für seine Mühen umgehend eine stattliche Anzahl von DNA-Punkten, mit denen er sich dann auch noch wesentlich virulentere und widerstandsfähigere Erreger kaufen kann, die noch x-mal gefährlicher sind, als die bisher von ihm eingesetzten. Sollte er allerdings in DNA-Punkten schwelgen, kann er sich mit diesen jetzt auch sündhaft teure Keime beschaffen, die multiresistent sind und binnen kurzem zum totalen Organversagen seiner Opfer führen.

Die Welt versucht sich zu wehren

Dem wahnwitzigen Infektionsgeschehen aber sieht die Welt nicht tatenlos zu und versucht – wie in der Realität, aber in Panik – möglichst gegenzuhalten: So setzt diese nun alles daran, möglichst schnell mit der Entwicklung und dem Einsatz von HEILMITTELN zu beginnen, wie Ndemic Creations die Antibiotika süffisant und abschätzig benennt.

Denn deren Wirkung kann der gewitzte Gamer selbstverständlich immer wieder unterlaufen, indem er beispielsweise in die Erhöhung der Resistenzen seiner Erreger investiert, oder gar in deren Mutation, um so noch üblere oder gar völlig neue Krankheitsbilder in die Welt zu bringen, was die Wissenschaftler und Mediziner verständlicherweise bald aus der Kurve trägt und sie kopflos werden lässt, weil keines ihrer Medikamente mehr wirkt und sie schließlich auch nicht mehr wissen, mit welchen Erregern sie es da eigentlich gerade zu tun haben.

Ein chinesischer Gamer in Peking

Man stelle sich nun einmal einen chinesischen Gamer vor, der sich dieser Tage in der leergefegten 20-Millionen-Metropole in Todesangst vor COVID-19 zuhause in seinem Appartement verschanzt, und am Computer PLAGUE INC. spielt. Was in dessen Kopf wohl vor sich gehen mag?

Das absolute Chaos wahrscheinlich. Ein aberwitziges mentales Tohuwabohu nämlich, das das Hirn des Gamers außer Funktion zu setzen droht. Im Widerstreit zweier sich existentiell völlig widersprechenden Impulse zum Zerreißen gespannt – einem lebensbejahenden und einem lebensverneinenden zur gleichen Zeit, die sich gegenseitig auszulöschen drohen wie Materie und Antimaterie. Denn während der Gamer in Todesangst um sein Leben bangt, wünscht er im selben Moment den anderen die Pest an den Hals – ein seelisch nachgerade auswegloser Konflikt.

Dabei ist der lebensverneinende Trieb nun wahrlich nicht typisch für das Leben, da er sich ja gegen dieses selbst richten würde. Und dennoch kann es vorkommen, dass der Todeswunsch vom Menschen Besitz ergreift – dann nämlich, wenn diesen eine schwere existentielle psychische oder physische Krise ereilt, weil er beispielsweise an einer unheilbaren Krankheit mit unerträglichen Schmerzen leidet, oder an einer manifesten Depression oder Psychose, und allein aus diesen Gründen nicht mehr leben will.

Eine vitale, dem Lebensprozess aktiv zugewandte Existenz hingegen kennt den Todestrieb nicht. Es sei denn, es hängt jemand einer fundamentalen Religion an, die ideologisch auf die lebensfeindliche Haltung ihrer Gläubigen setzt, wobei diese dann gleichsam automatisch nach ihren Feinden Ausschau halten, an denen sie sich hochaggressiv und brutal zu entladen versuchen, indem sie diese kaltblütig um die Ecke bringen – der Hass aufs Lebendige betritt die Szene.

Thanatos – Der Todestrieb

Genau an diesem Punkt hakt Sigmund Freud ein, der in seiner Schrift Jenseits des Lustprinzips (1920) dem Menschen – wohl erstmals in der Geistesgeschichte – einen Todestrieb unterstellte: Seiner Überzeugung nach strebe dieser Trieb, den er Thanatos nannte, nach einem spannungsfreien und anorganischen Zustand des Unbelebten und Starren, wohingegen der Lebenstrieb, den er als Eros bezeichnete, die Sexual- und Selbsterhaltungsimpulse repräsentiere. „Ein Trieb wäre also ein dem belebten Organischen innenwohnender Drang zur Wiederherstellung eines früheren Zustands“, so Freud. Beide Strebungen seien im Menschen angelegt und durchmischten sich, meint dieser. So unterlägen jeder gesunden sexuellen Beziehung auch immer aggressive Züge, so etwa im nicht immer nur latenten Wunsch, den Partner unbedingt erobern zu wollen.

In diesem Zusammenhang scheint es äußerst bemerkenswert, dass chinesische Männer eher zu einem übergriffigen, ja sadistischen Sexualverhalten neigen, wie die chinesische Frauenrechtlerin Alex Chang zu Bedenken gibt. „Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass chinesische Männer endlich begreifen, wie sehr sie hinterherhinken und dass sie chinesische Frauen nicht verdienen", sagt diese.

Freuds Überzeugung gemäß kann sich der Todestrieb sowohl nach innen als auch nach außen richten. Im ersten Fall offenbare sich dieser durch autoaggressive Tendenzen, sich selbst Schmerzen und Leid zuzufügen wie beispielsweise beim Masochismus oder der Selbstverstümmelung. Im zweiten imponiere dieser jedoch durch ausgeprägte Aggressionsfantasien anderen Menschen gegenüber, die die Betroffenen nach deren Verletzung oder gar Tötung drängten. Freud schlug vor, in diesem Zusammenhang vom menschlichen Destruktionstrieb zu sprechen.

Freuds Theorie aber war von Anfang an heftig umstritten. Dessen Versuch, das menschliche Aggressionsverhalten allein aus dem Todestrieb heraus zu erklären und ableiten zu wollen, stieß schon bei einigen seiner damaligen Kollegen auf heftigen Widerspruch. So sahen diese im Aggressionsverhalten des Menschen im Wesentlichen eine gleichsam natürliche und nachvollziehbare Reaktion auf Entsagungs- und Frustrationserlebnisse. Darüber hinaus betonten diese aber auch die produktiven Aspekte der Aggression, die es dem Menschen ermögliche, die Dinge auch angriffslustig anzupacken und kämpferisch voranzutreiben, statt schon beim geringsten Anlass vorzeitig aufzugeben. So ist es bei all diesem Disput bis heute noch völlig unklar, woher die Tendenz zur Destruktivität denn eigentlich kommt.

Das Geheimnis der menschlichen Destruktivität

Jetzt aber gibt der Astrophysiker Paul Davies von der Arizona State University der Frage nach dem Ursprung der menschlichen DESTRUKTIVITÄT eine ganz neue, wirklich überraschende Richtung.

Davies leitet seit 2005 eine Forschergruppe, die herausfinden will, wie man am Sinnvollsten reagieren sollte, wenn man eines Tages tatsächlich auf Signale Außerirdischer stoßen würde. Davies Anliegen scheint durchaus nachvollziehbar: Bräuchte es in einem solchen Fall doch tatsächlich einen wirklich kühlen und überaus erfahrenen Kopf, der sich in dieser Situation unter keinen Umständen von seinen unbewussten Ängsten vor Außerirdischen leiten lassen, und deshalb gleich das Allerschlimmste befürchten sollte. Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer.

Doch Davies geht noch einen entscheidenden Schritt weiter, indem er behauptet, dass die nervtötende und extrem aufwendige Suche nach extraterrestrischem Leben in den Weiten des Alls womöglich gar nicht notwendig sei, da die Aliens der Menschheit schon längst Spuren ihrer Existenz auf der Erde hinterlassen hätten. So etwa im menschlichen Erbgut – einer Art genomischen SETI (= Search for Extraterrestrial Intelligence), wie es Davies lapidar nennt.

Denn für eine dem menschlichen Wesen weit überlegene Existenz wäre es relativ einfach gewesen, eine derartige Nachricht in dessen Erbgut hinterlassen zu haben, so Davies. Eine auffällige Abfolge von Buchstaben, die zum Beispiel den Primzahlen entspräche. Schließlich habe es der amerikanische Biochemiker Craig Venter ja bereits bewiesen, dass ein solches Vorgehen funktioniere, indem er seine eigene E-Mail-Adresse als Code in ein beliebiges Genom eingebaut hätte. Und was dem Menschen schon gelungen wäre, sei für solch hyperintelligente Wesen doch wirklich ein Klacks.

Nun stellt sich aber die Frage, warum es die Aliens ausgerechnet mit derart komplizierten Methoden versucht haben sollten, den Menschen einen Hinweis auf ihre Existenz  hinterlassen zu haben? Versteckt in deren Erbgut, wo der Code der Aliens für diese doch ohnehin kaum auffindbar wäre. Zudem ist ein Code in aller Regel eine hochkomplex verschlüsselte Angelegenheit und beileibe alles andere als eine Botschaft.

Wenn uns die Aliens tatsächlich von ihrer Existenz hätten überzeugen wollen, hätten sie es den Menschen sicherlich viel leichter gemacht, deren Nachricht auch glasklar verstehen zu können. Schließlich weiß jede dem Menschen weit überlegene Zivilisation doch sicherlich, wie sie mit diesem zu kommunizieren hat, wenn sie von ihm denn verstanden werden will.

Des Rätsels Lösung

Was aber wäre, wenn die Aliens auf eine ganz andere Art und Weise in die menschlichen Gene eingegriffen und diese womöglich manipuliert hätten? Und dies allein aus dem Grund, weil sie auf die Menschheit tatsächlich nicht so gut zu sprechen wären und diese am Liebsten ausrotten würden, da diese sich anschickten, den Erdplaneten zu vernichten, der den Aliens nicht zuletzt auch als strategisch wichtiger Stützpunkt dienen würde?

Um sich aber nicht selbst die Hände schmutzig zu machen, könnten diese in weiser Voraussicht schon damals dafür gesorgt haben, dieses blutige Mördergeschäft der Menschheit selbst zu überlassen, indem sie ihr den Trieb zur Destruktivität schon damals ins Erbgut eingeschmuggelt hätten, ohne selbst je einen Finger krumm machen zu müssen. Der fatale Schachzug einer übergeordneten und wahrhaft weitsichtigen Intelligenz – das destruktive Genom!

Damit wäre der Ursprung der menschlichen Destruktivität endgültig enträtselt. Eine wie immer auch wahrlich erschreckende Konstellation, die den Menschen jedoch in keiner Weise entlasten würde, sollte dieser jetzt denn behaupten wollen, einfach nicht anders zu können, als sich gegenseitig abzuschlachten oder um die Ecke zu bringen. Schließlich ist und bleibt er ein Mensch!